Wer in der Finanzkrise viel Geld verloren hat, kann zukünftig zumindest auf die Unterstützung seiner Rechtsschutzversicherung hoffen, wenn er seinen Anlageberater wegen einer Falschberatung verklagen will. Der Bundesgerichtshof (BGH) erklärte eine Ausschlussklausel in Rechtsschutzverträgen für unwirksam, wonach Fälle im ursächlichen Zusammenhang mit Kapitalanlage-Beteiligungen vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind.

 

Viele Menschen verloren infolge der Finanzkrise 2008 ihre Ersparnisse, weil sie von einem Bank- oder Finanzberater ungeeignete Finanzprodukte empfohlen bekamen und nicht auf die Risiken der Geldanlagen hingewiesen worden sind. Doch als die Geschädigten vor Gericht zogen, wurden sie oft ein zweites Mal enttäuscht. Eine Vielzahl von Rechtsschutz-Versicherungen lehnten ihren Schutz mit Verweis auf eine Vertragsklausel ab, wonach keine Deckung für sogenannte Effektengeschäfte und Kapitalanlagemodelle bestehe. Die gelinkten Anleger blieben somit auf ihren Verlusten sitzen und mussten sogar die Prozesskosten tragen.

 

Der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen war diese Klausel jedoch ein Dorn im Auge und so klagte sie gleich gegen fünf Rechtsschutz-Anbieter, damit sie die entsprechende Klausel aus dem Vertrag streichen. Mit Erfolg: In den Verfahren gegen zwei große Versicherer entschied nun der Bundesgerichtshof (BGH) in oberster Instanz, dass die Klausel intransparent und somit nichtig sei (Urteile vom 08. Mai 2013, Az.: IV ZR 84/12 und IV ZR 174/12). Versicherte können nun nachträglich auf die Unterstützung ihrer Rechtsschutzversicherung hoffen.

 

Verstoß gegen das Transparenzgebot

 

Ganz konkret ging es um die Klausel in Allgemeinen Vertragsbedingungen, der Versicherer müsse keine Leistung erbringen „für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im ursächlichen Zusammenhang mit der Anschaffung oder Veräußerung von Effekten (z.B. Anleihen, Aktien, Investmentbeteiligungen) sowie der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (zum Beispiel Immobilienfonds)“.

 

Die Formulierung klingt schon schwierig genug. Aber die Richter störten sich zusätzlich daran, dass ein Versicherungsnehmer schlichtweg nicht wissen könne, was laut diesem Text eigentlich versichert ist und was nicht. Denn weder bei sogenannten „Effekten“ noch bei „Grundsätzen der Effekthaftung“ handelt es sich um fest umrissene Begriffe der Rechtssprache – diese Formulierungen sind so schwammig wie mehrdeutig.

 

Nach Ansicht der Bundesgerichtshofes verstößt deshalb die Klausel gegen das Transparenzgebot, das in §307 Absatz 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches festgeschrieben ist. Demnach könne sich eine Benachteiligung des Kunden daraus ergeben, dass eine Vertragsklausel nicht klar und verständlich formuliert sei. Folglich müsse die Klausel für nichtig erklärt werden.

 

Auf Deckungszusage pochen

 

Das Urteil des Bundesgerichtshofes bedeutet neue Hoffnung für Geschädigte der Finanzkrise. Die Folge des Richterspruchs sei, dass Rechtsschutzversicherungen ihre Unterstützung im Fall einer fehlerhaften Beratung zur Kapitalanlage nicht mehr verwehren dürfen, argumentiert die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen auf ihrer Webseite.

 

Alle Opfer der Finanzkrise, die wegen Falschberatung gegen einen Berater vorgehen wollen, sollen deshalb mit Hinweis auf die BGH-Urteile auf die Deckungszusage ihres Rechtsschutzversicherers pochen. Die gelte übrigens auch für jene Anlagegeschädigten, die bereits zu einem früheren Zeitpunkt geklagt haben und deren Fall schon rechtskräftig entschieden wurde. Diese Kläger können wohl auch nachträglich die finanzielle Unterstützung ihrer Versicherung einfordern.