Hartz IV-Empfänger, die privat krankenversichert, können nun aufatmen: Das Bundessozialgericht Kassel verpflichtete die Jobcenter zur Übernahme der vollen Basistarifbeiträge. Bisher blieben Hilfsbedürftige auf einem Teil der Beitragszahlungen sitzen, doch das könnte sich nun ändern.

Als die damalige Bundesregierung vor wenigen Jahren ihre Gesundheitsreform in die Wege leitete, war es eigentlich das Ziel, den Wettbewerb zwischen den Krankenkassen zu erhöhen. Mit Einführung des sogenannten „Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung“ (GKV-WSG) schuf sie jedoch zugleich eine Gesetzeslücke, die hilfsbedürftige Privatpatienten teuer zu spüren bekamen: Wer als Privatversicherter in die Arbeitslosigkeit abrutschte und auf Hartz IV angewiesen war, bekam in der Regel nicht den vollen Basistarif zur Krankenversicherung ersetzt. Die Jobcenter zahlten nur jenen Beitrag von rund 130 Euro, den sie auch für gesetzlich Krankenversicherte entrichteten. Den Differenzbetrag jedoch kam hinzu, dass Privatversicherte ab dem 01.01.2009 nicht mehr wie bisher in die gesetzliche Krankenkasse wechseln konnten, wenn sie auf Sozialleistungen angewiesen waren.

Gerichtsurteil stärkt Rechte sozial hilfsbedürftiger Privatpatienten

Doch ein aktuelles Urteil des Sozialgerichtes Kassel könnte die Situation der privat Krankenversicherten deutlich verbessern. Geklagt Kunde eines privaten Krankenversicherers zusätzlich 80 Euro monatlich von seiner Grundsicherung begleichen sollte. Die Arbeitsagentur hatte sich geweigert, den vollen monatlichen Beitrag der Kasse in Höhe von 207,39 Euro zu zahlen.

Wie der oberste Sozialrichter nun in dritter Instanz feststellte, kann der klagende Anwalt jedoch die volle Übernahme seiner Beiträge für das verhandelte Jahr 2009 verlangen, da ihm das gesetzliche Existenzminimum zusteht und es nicht vertretbar sei, aus diesem Betrag zusätzliche Leistungen für die Krankenversicherung aufbringen zu müssen (Az. B 4 AS 108/10 R, Urteil vom 18.01.2011).

Der Richter wies darauf hin, dass hinsichtlich des nicht geregelten Beitragsanteils zur privaten Krankenversicherung eine „gesetzesimmanente Regelungslücke“ bestehe. Anders formuliert: Der Gesetzgeber hat eine mögliche Benachteiligung von privat versicherten Hilfsbedürftigen bei der Einführung der Gesundheitsreform einfach nicht bedacht. Jedoch gilt auch für Privatversicherte, dass das Existenzminimum in Höhe des Hartz IV-Regelsatzes verfassungsrechtlich garantiert sein müsse. Folglich dürfen Jobcenter nicht von Arbeitslosengeld II-Empfängern verlangen, dass sie die Krankenversicherungsbeiträge aus der Grundsicherung zu begleichen haben.

Rechtsanwälte raten daher den Beziehern von Hartz IV, die Übernahme der Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung in voller Höhe beim SGB II-Leistungsträger zu beantragen.