Die Praxen sind so voll wie nie zuvor, die Ärzte im Dauerstress: Schnell ist da selbst dem routiniertesten Mediziner ein Fehler passiert. Eine Berufshaftpflichtversicherung ist für Ärzte schon aufgrund der möglichen Schadenshöhe gesetzliche Pflicht.
Die Versicherungsbranche hat sich auf die speziellen Ansprüche der Ärzte als Kunden längst eingestellt. Viele Versicherungsunternehmen bieten Tarife an, die auf den Berufsstand genau zugeschnitten sind: So können Ärzte in Gemeinschaftspraxen etwa von besonderen Rabatten profitierten. Auch gibt es unterschiedliche Haftpflichttarife für Humanmediziner, Zahnärzte und angestellte oder niedergelassene Apotheker. Beim Abschluss eines Vertrages sollten Mediziner darauf achten, dass die Versicherungssumme Schäden in ausreichender Höhe abdeckt, denn bei einem Behandlungsfehler haften Ärzte mit ihrem gesamten Privatvermögen. Die Deckungssumme für Personen- und Sachschäden sollte mindestens 3 Millionen Euro pro Schadensfall betragen.
Auch für das Rentenalter gilt es vorzusorgen. Da sogar Ärzte im Ruhestand von Schadensersatzforderungen aus ihrer aktiven Berufszeit eingeholt werden können, regelt eine Nachhaftungsversicherung, dass Ärzte ihrem wohlverdienten Lebensabend gelassen entgegenblicken können. Denn viele Berufshaftpflicht-Versicherungen enden mit dem Ausscheiden aus dem Beruf – jedoch nicht, wenn eine Nachhaftung vereinbart ist. Deshalb sollten sich Ärzte vor der Pensionierung rechtzeitig informieren, inwiefern ihr Haftpflichtvertrag eine Nachhaftung vorsieht.
Überlegt handeln im Schadensfall
Ist es einmal zu einem Schaden gekommen und ein Patient klagt auf Schadensersatz, so müssen Ärzte hinsichtlich der Haftpflicht bestimmte „Obliegenheiten“ beachten. Eine Verletzung der Obliegenheitspflicht kann dazu führen, dass der Arzt seinen Haftpflichtschutz verliert. Vor allem gilt es, den Schadensersatzanspruch eines Patienten unverzüglich, das heißt in der Regel innerhalb einer Woche, an die Versicherung zu melden. Hierbei ist zu beachten: Der Schadensfall muss in einem Bericht ausreichend und umfassend dokumentiert werden.
Auf die Aushändigung von Originaldokumenten an den Geschädigten ist zu verzichten. Zwar kann der Arzt Kopien von Patientenunterlagen herausgeben, wenn eine Schweigepflichtentbindungserklärung vorliegt. Doch kommt es zu einer Gerichtsverhandlung, müssen alle Originalunterlagen der Behandlung lückenlos vorliegen. Fehlende Nachweise werden von der Justiz in der Regel zum Nachteil des behandelnden Arztes interpretiert!
Ebenfalls problematisch ist es, wenn Ärzte den Haftpflichtanspruch des Patienten ohne Zustimmung des Versicherers rechtlich anerkennen. Zwar verliert der Arzt damit nicht automatisch seinen Versicherungsschutz: Seit 2008 regelt der § 105 des Versicherungsvertragsgesetzes, dass der Haftpflichtschutz auch bei Eingeständnis der eigenen Schuld bestehen bleibt. Dennoch kann der Arzt schnell in Probleme geraten, wenn er seinen Behandlungsfehler voreilig beglaubigt. Denn die Anerkenntnis führt zu einer Beweislastumkehr: Der Arzt muss nun der Versicherung nachweisen, dass er die Forderung des Patienten zu Recht anerkannt hat. Dieser Nachweis ist nicht einfach zu erbringen. Im schlimmsten Fall sind jahrelange juristische Auseinandersetzungen zu erwarten und der Arzt bleibt trotzdem auf seinen Kosten sitzen.
Das heißt natürlich nicht, dass der Arzt das Gespräch mit seinem Patienten vermeiden soll. Mediziner haben die Möglichkeit, dem klagenden Patienten den Behandlungsverlauf zu erklären, auch unter dem Eingeständnis eigener Fehler. Jedoch muss dann deutlich erklärt werden, dass der Schadensersatzanspruch von der Entscheidung des Versicherers abhängt.
Die „Ärztezeitung“ rät zudem, bei der Meldung einer Schadensersatzforderung an den Versicherer eine „Bitte um Weisung, was ich zu tun habe“ beizulegen. Dann ist der Versicherer verpflichtet, alle Punkte aufzuführen, die ein Arzt bei seinem weiteren Vorgehen zu erfüllen hat. Wenn der Versicherer einen Punkt vergisst, so kann er später auch nicht auf weitere Bestimmungen in den Versicherungsbedingungen verweisen. Mit einer derartigen Bitte sind Ärzte immer auf der sicheren Seite!